Ergebnismodell von Gesundheitsförderung Schweiz

Dieses Wirkungsmodell der Stiftung Gesundheitsförderung Schweiz erweist sich als hilfreiches, die Überlegungen leitendes Instrument für die Konzeption und die Evaluation von (Gesundheitsförderungs-)Projekten. Es unterstützt einen Überblick über das Projektvorhaben in kurzer Zeit zu gewinnen, fordert zur Formulierung klarer überprüfbarer Wirkungsziele und führt zu den für die Evaluierung relevanten Fragestellungen. Vor allem löst es von der gedanklichen Fixierung auf Umsetzungsmaßnahmen hin zu den angestrebten Ergebnissen/Wirkungen.

Die Praxis der Konzeption und Planung von der Gemeinschaft dienenden Projekten zeigt allzu oft, dass die Gedanken und Diskussionen von den angestrebten Maßnahmen gefesselt sind, dass zuerst darüber nachgedacht wird was wer wie und wo leisten soll. Verständlich, liegt doch die Energie in der Arbeit für die Menschen. Die Vernachlässigung der „Wozu“-Frage hat aber nicht nur negative Konsequenzen hinsichtlich der Zielerreichung, sondern führt infolge des Fehlens eines (gemeinsamen) Bezugsrahmens für Entscheidungen – speziell bei einer größeren Zahl von Mitwirkenden – zu übermäßigen Diskussions- und Denkschleifen.

Indem Mann/Frau vom Ende, von den Ergebnissen her denkt, wird von Beginn an der Effizienz (in Sinne von Zielerreichung bei minimalen Mitteleinsatz) Vorschub geleistet. Wirkungsmodelle erweisen sich hier als sehr hilfreich.

Das Konzept

Die Grundannahme des Ergebnismodells der Gesundheitsförderung Schweiz ist, dass Gesundheit als Endziel von Gesundheitsförderung und Prävention nicht direkt, sondern über Zwischenstufen erreicht wird. Als gesellschaftlicher Lernprozess ist auf den Ebenen von Individuen, Gruppen, Organisationen und der Gesellschaft zu wirken.

Die Begriffe Ergebnis und Wirkung einer Maßnahme werden synonym verwendet. Darunter wird eine konkret feststellbare Veränderung eines Merkmals als Folge einer gesetzten Maßnahme verstanden. So ein Merkmal kann dabei auftauchen bzw. verschwinden oder sich in einem gewünschten Sinne verändern.

www.quint-essenz.ch

Das Modell gliedert vier Spalten/Kategorien: „Gesundheit“ vereint Ergebnisse hinsichtlich der Verbesserung der Gesundheit der Bevölkerung (zB Lebenserwartung bei guter Gesundheit, Erkrankungsraten, …); diese sind nur langfristig erreichbar und epidemiologisch überprüfbar. „Gesundheitsdeterminanten“ umfasst Ergebnisse bei den die Gesundheit bestimmenden Bedingungen. „Einflussfaktoren“ bündelt unmittelbare Ergebnisse, die die Gesundheitsdeterminanten beeinflussen. Unter „Maßnahmen“ sind Handlungen aufgelistet, die auf die Erreichung der Projektziele ausgerichtet sind.

An Ergebnisebenen werden unterschieden:

  • Infrastruktur, Dienstleistungen
  • Legislative Administration, Organisation und Netzwerke
  • Gruppen, Gemeinschaften, Bevölkerung
  • Individuen
---
Vertiefend

Als besonders hilfreich und unterstützend erweist sich die weitere Differenzierung der Kategorien in Unterkategorien, anhand derer das Vorhaben vertiefend geplant bzw. hinsichtlich von Lücken überprüft werden kann (siehe im Detail)

1. Maßnahmen der Gesundheitsförderung

  • Entwicklung infrastruktureller Angebote und Dienstleistungen
  • Verbreitung und Verankerung der Gesundheitsförderungsanliegen in Politik, Verwaltung und Organisationen
  • Mobilisierung der Bevölkerung bzw. einzelner Bevölkerungsgruppen
  • Entwicklung gesundheitlicher Lebenskompetenzen von Personen

2. Einflussfaktoren auf die Gesundheitsdeterminanten

  • Gesundheitsfördernde Dienstleistungen oder Produkte, die von GesundheitsexpertInnen entwickelt, betrieben und/oder vertrieben werden. Entscheidend dabei ist deren Wirkung und Nutzen (outcome), nicht lediglich das Vorhandensein des Angebots (output).
    • Bekanntheit des Angebots und seiner Inhalte bei den relevanten Zielgruppen
    • Zugänglichkeit (zeitlich, räumlich, finanziell, für Zielgruppe anschlussfähig) des Angebots und Zielgruppenerreichung
    • Nutzung des Angebots und Zufriedenheit damit
    • Angebot ist nachhaltig, über den Projektzeitraum hinaus verankert
    • Verbesserung der Fachkompetenzen von MultiplikatorInnen und Schlüsselpersonen
  • Strategien in Politik und Organisation für gesundheitlich günstige Bedingungen
    • Verbindliches, sichtbares Engagement von Entscheidungsträgern und/oder Schlüsselpersonen
    • Handlungsrelevante verbindliche schriftliche Grundlagen, wie Grundsätze, Leitbilder, Pläne, Konzepte, verpflichtende Regelungen
    • Funktionierende organisatorische Änderungen; finanzielle, materielle und personelle Ressourcen werden tatsächlich eingesetzt
    • Gelebter Informationsaustausch und Zusammenarbeit bzgl. Gesundheitsförderungsanliegen zwischen verantwortlichen Stellen/Institutionen
  • Empowerment von kleinen oder größeren Bevölkerungsgruppen, sie sind in der Lage, sich für ihre Anliegen einzusetzen
    • Bestehen von intern funktionsfähigen Interessensgruppen oder Bürgerinitiativen, sie sind in der Lage, Aktivitäten nach außen zu entfalten
    • Mitarbeit neuer AkteurInnen, bisher nicht aktive Personen werden für das Anliegen tätig
    • Das Gesundheits-Anliegen (nicht irgendwelche Angebote) kennen möglichst viele Betroffene, sie haben sich damit auseinandergesetzt und haben sich eine Meinung dazu gebildet
    • Das Anliegen wird als berechtigt bzw. als ernst zu nehmend von der Mehrheit der Bevölkerung(sgruppe) anerkannt, optimal als prioritär
  • Individuelle Gesundheitskompetenzen – Kenntnisse, Einstellungen bzw. Wertungen sowie Fertigkeiten, die für die eigene Gesundheit bedeutsam sind.
    • Konkretes gesundheitsrelevantes Wissen zum Vorgehen und/oder zum Thema
    • Positive Einstellungen und Absichten der einzelnen Personen zum gesundheitsrelevanten Thema
    • Neue personale und/oder soziale Fertigkeiten
    • Gestärktes Selbstvertrauen, Selbstwirksamkeitserwartung bzgl. gesundheitsrelevantem Thema bzw. Handeln

3. Gesundheitsdeterminanten

  • Gesundheitsfördernde materielle Umwelt, natürlich oder von Menschen geschaffen
    • Reduktion belastender physikalisch-chemischer Einflüsse
    • Erhaltung und Verbesserung von natürlicher Ressourcen
    • Gesundheitsfördernde Einrichtungen und Produkte, die Gesundheit und Wohlbefinden unterstützen
  • Flächendeckende soziale Unterstützungsangebote, der herrschende Umgangsstil und das allgemeine soziale Klima im Setting (Gemeinde, Betrieb, …)
    • Soziale Unterstützung, soziale Netze, soziale Integration - im ganzen Setting nachweisbar
    • Soziales Klima, Ausdruck der herrschenden gefühlsmäßigen Stimmung im Setting
    • Gleichberechtigter Zugang aller Bevölkerungsgruppen zu gesundheitsfördernden Ressourcen, gesundheitliche Chancengleichheit
  • Gesundheitsfördernde personale Ressourcen und Verhaltensmuster
    • Psychische und körperliche Ressourcen sowie soziale Kompetenzen und Fähigkeiten des Einzelnen
    • Verbesserung von gesundheitsrelevanten Verhalten und von Verhaltensmuster (von passiv zu aktiv)

4. Gesundheit
Messbare nachhaltige Veränderungen der Gesundheit der Bevölkerung sind meist nicht direkt einzelnen Projekten zuschreibbar. Aus unzähligen Studien ist aber bekannt, welche Faktoren sich nachweislich auf die Gesundheit negativ oder positiv auswirken – die Gesundheitsdeterminanten (Pkt 3)

Anwendung

Das Ergebnismodell erlaubt, Gesundheitsprobleme, geplante Wirkungen (Ziele) und tatsächlich erreichte Ergebnisse einzuordnen und auf dieser Grundlage zu reflektieren. Dadurch wird ein zu viel oder zu wenig an notwendigen Maßnahmen zur Problembearbeitung bewusst, die Abschätzung von Wirkungen und Wirkungszusammenhängen sowie unterstützend, die Verortung relevanter theoretischer und empirischer Befunde wird möglich.

Mittels des Modells lässt sich das Vorhaben nicht nur umfassend durchdenken, es bietet auch eine hilfreiche Grundlage zu dessen Planung und Darstellung (Gesundheitsförderung Schweiz stellt dazu auch eine Powerpoint-Vorlage zur Verfügung).

Ausgehend von der Klärung der zu bearbeitenden Problemstellung und der Identifizierung und Festlegung der Zielgruppe werden

(1) die Ziele, die angestrebten Ergebnisse/Wirkungen definiert. Dabei ist zu unterschieden zwischen

  • längerfristigen Wirkungen (Visionen) – welchen Beitrag will das Projekt für die Gesundheit der Bevölkerung bzw. einzelner Bevölkerungsgruppen leisten
  • Projektzielen – geplante gesundheitsrelevante Ergebnisse bei den Zielgruppen bis Projektende

(2) Zuordnung der längerfristigen Wirkungen/Visionen zu den einzelnen (Unter)Kategorien des Modells

(3) Im nächsten Schritt werden auch die gesundheitsrelevanten Projektziele ins Modell eingetragen, wobei jedes Projektziel nur genau einer Unterkategorie zugeordnet werden darf. Ist das nicht möglich, so ist das Ziel noch einmal zu überdenken und entsprechend der Unterkategorien auszudifferenzieren.

(4) Die geplanten Maßnahmen werden den Maßnahmenkategorien zugeordnet.

(5) Abschließend sind die Wirkungszusammenhänge zu durchdenken und ins Modell einzutragen. Welche Maßnahme verursacht welche Wirkung/Ergebnis, welches Ergebnis führt zu welcher weiteren Wirkung, was wirkt auf die Visionen.

Beispiel (S.16f)

Beim Einsatz des Modells im Rahmen der Evaluation werden die tatsächlich erreichten Ergebnisse eingetragen und die Wirkungszusammenhänge reflektiert.

Quelle

Gesundheitsförderung Schweiz